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Jeff Hemmer

© Jeff Hemmer

Jeff Hemmer lebt und arbeitet als freiberuflicher Comiczeichner, Illustrator und Workshop-Anbieter in Bremen. Geboren und aufgewachsen in einem Winzerdorf am luxemburgischen Moselufer, zog es ihn zunächst zum Geschichtsstudium nach Schottland. Später führte sein Weg ihn nach Bremen an die Hochschule für Künste. Beruflich blieb Hemmer weiterhin pädagogisch tätig und arbeitete als Sprachcoach und als Sozialarbeiter in einer Jugendhilfeeinrichtung für unbegleitet nach Deutschland geflüchtete Jugendliche. Aus dem Zusammenspiel dieser verschiedenen Erfahrungen und Interessen entwickelten sich seine künstlerische Position und die Freude an Comic-Workshops.

 

Kontakt:

instagram: afurnishedsoul

www.afurnishedsoul.info

 

 

 

EINBLICKE IN DIE PRAXIS von Jeff Hemmer 

„Ausstellung in der Ausstellung – Die Lübecker Märtyrer im Comic“

Das Projekt „Ausstellung in der Ausstellung: Die Lübecker Märtyrer im Comic“ behandelt anhand der Geschichte der sogenannten „Lübecker Märtyrer“ die Frage, wie ein historischer Stoff mit dem Medium Comic bearbeitet werden kann, und gibt einen Einblick in die zugrunde liegenden Prozesse.

Das Projekt mündet in eine temporäre Ausstellung, die als zweite Ebene entlang der Schautafeln der permanenten historischen Ausstellung in der Gedenkstätte Lutherkirche in Lübeck montiert wird.

Die Ausstellung setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Einerseits legt der Comiczeichner Jeff Hemmer anhand von Skripts, Storyboards, Skizzen und fertig ausgearbeiteten Beispielseiten den Arbeitsprozess bei der Erstellung eines Comics offen und gibt mittels kurzer Begleittexte Einblick in die Fragestellungen, die sich in der Bearbeitung des historischen Stoffes in Zusammenarbeit mit dem Comicforscher Dr. Dennis Bock und der Leiterin der Gedenkstätte Dr. Karen Meyer-Rebentisch ergeben haben. Die zweite Komponente der Ausstellung besteht aus sechs Einzelarbeiten, die vorab im Rahmen eines zweitägigen Comic Workshops für ältere Jugendliche und Erwachsene entstanden sind. Dabei durchliefen die Teilnehmer:innen im Wesentlichen die gleichen Arbeitsschritte wie Jeff Hemmer und präsentieren mit ihren Arbeiten sechs weitere, allesamt stilistisch und inhaltlich verschiedene Positionen.

Im Rahmen des Projektes findet außerdem ein Comic Workshop für Kinder und Jugendliche statt, der die Teilnehmer:innen an die Arbeit mit dem Medium Comic heranführt. Die Gruppe entwickelt zum Abschluss im Plenum eine längere Geschichte, die gemeinsam von allen Teilnehmer:innen gezeichnet wird.

In den Workshops werden die Teilnehmer:innen mittels verschiedener Formate der personalen und medialen Vermittlung durch die eigene künstlerische Praxis begleitet. Im Workshop für Kinder stehen vor allem das ästhetische Forschen, interaktive Erzählformen und die Arbeit in einer kollektiven Schreibwerkstatt im Fokus. Im Workshop für ältere Jugendliche und Erwachsene spielt, neben der ästhetischen Forschung, Skriptübungen auf Grundlage visueller Hilfen und der Beschäftigung mit verschiedenen Comicpositionen, vor allem die historische Quellenarbeit eine wichtige Rolle.

Die Workshops fanden am 26./27. März 2022 (Workshop für ältere Jugendliche und Erwachsene) und am 4./5. April 2022 (Workshop für Kinder und Jugendliche) in den Gemeinderäumen der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Luther-Melanchthon zu Lübeck statt. Die Ausstellung war vom 3. April bis zum 8. Mai 2022 in der Gedenkstätte Lutherkirche zu sehen.

Kooperationspartner waren die Gedenkstätte Lutherkirche sowie die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Luther-Melanchthon zu Lübeck.

Das Projekt wurde durch den BBK für das Programm Neustart:Kultur ausgewählt und gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Ausstellungsvideo:

https://www.youtube.com/watch?v=uwdHZvnntPQ&t=4s

Comic-Workshops

© Jeff Hemmer

Das Foto zeigt einen Eindruck aus meinen Comic-Workshops. Meine Workshoparbeit liegt mir sehr am Herzen, weil sie mich in viele unterschiedliche Kontexte führt und ich mich durch die zwischenmenschlichen Kontakte und die Bandbreite der Themen, zu denen wir dort gemeinsam arbeiten, sehr bereichert fühle. Für viele Teilnehmer:innen dieser Workshops ist die aktive Auseinandersetzung mit dem Medium Comic wie ein Ausflug in unbekanntes Gebiet, dessen Möglichkeiten sie sich nun erschließen können. Nach dem gemeinsamen Einstieg auf den ersten Metern lasse ich mich etwas zurückfallen und begleite die Teilnehmer:innen Seite an Seite durch die kreativen und inhaltlichen Prozesse.

Was haben Sie aus diesem Projekt für Ihre künstlerische Arbeit mitgenommen?

In den Workshops schafft jede Gruppe ihren eigenen Rahmen und ihre eigene Dynamik. Ich weiß vorab nie genau, was mich erwartet, und ich muss mich schnell in unterschiedliche Perspektiven und Arbeitsweisen einfühlen. Mein Blick auf meine eigene Arbeitsweise hat sich dadurch ebenfalls geweitet. Das individuelle Erleben, das ich in meinen Workshops zugänglich machen will, wird jedes Mal auch zu meiner eigenen Erfahrung, die mich mit einem klareren Bewusstsein an meine persönlichen Projekte, meine Hürden, Blockaden und Routinen zurückkehren lässt.

 

Welches Thema taucht in Ihrer künstlerischen Arbeit immer wieder auf?

Auf der rein inhaltlichen Ebene drehen sich meine Arbeiten je nach Kontext um sehr unterschiedliche Themen. Der rote Faden darin spinnt sich jedoch oft um die Nähte zwischen Individuum und Gesellschaft. Ich beschäftige mich gerne mit historischen, sozialen und gesellschaftspolitischen Themen. Spannend für mich sind an entsprechenden Projekten in der Vorbereitungsphase die Recherche und die Gelegenheit zu einer tieferen Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema, und in der Produktionsphase die Suche nach einer geeigneten Erzählung. Ich liebe Sprachen und erlebe meine Arbeit oft analog zum Erlernen, Erkunden und Übersetzen einer Sprache.

Was möchten Sie mit Ihrer kulturellen Bildungsarbeit bewirken?

Ein Bild ist ein Bild. Eine ganze Seite solcher Bilder wird zu einem Stil mit einer inhärenten Logik und einer eigenen Sprache. Comics können so individuell verschieden sein wie die Menschen, die sie zeichnen. Wir alle erzählen täglich Geschichten und die meisten von uns sind motorisch in der Lage, eine Strichfigur zu zeichnen. Beides zusammen ist die Grundlage für einen Comic, der andere Menschen berühren und mitnehmen kann. Die Erfahrung „Ich kann eine Botschaft zeichnen und darüber in eine gelungene Kommunikation treten“ möchte ich erlebbar machen.

Was macht für Sie eine künstlerische Intervention in der Kulturellen Bildung aus?

Eine künstlerische Intervention in der Kulturellen Bildung sollte für die Teilnehmer:innen die Möglichkeit einer nachhaltigen Erfahrung bieten. Idealerweise bleibt sie nicht auf den Moment der Teilnahme beschränkt, sondern entfaltet ihre tatsächliche Wirkung vor allem im Nachhinein. Ebenso wichtig wie der aktive, kreative Moment ist der Raum, den sie öffnet und offenlässt. Die Intervention ist ein Impuls, der zu Reflexion und einer tieferen Beschäftigung einlädt und zur individuellen Entwicklung beiträgt, indem ein geschützter Raum die Auseinandersetzung mit Freude, manchmal auch Frust, den eigenen Ideen und neuen Eindrücken ermöglicht.