Als feministische Künstlerin, Kuratorin, Kulturmanagerin und -vermittlerin arbeitet Valeria Schwarz seit 2007 in der internationalen Kulturszene. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in der Triennale du Valais, Kunstmuseum Bern, Spielart, Lisbon Architecture Triennial, Parallel Events Manifesta 8 und 9, Museu da Fotografia, Matadero Madrid, Buenos Aires Night of Museums, School of Intermedia Arts (2013, Hang Zhou, China) in Berlin gezeigt. Im Jahr 2009 hat sie iCollective e. V. mitgegründet, eine kollaborative Plattform kreativer Menschen, die an der Schnittstelle von Kunst, Interventionen im urbanen Raum und sozial-engagierten Projekten arbeitet. Seit 2016 teilt sich Schwarz ihre Zeit zwischen professionellen und fürsorglichen Tätigkeiten auf.
EINBLICKE IN DIE PRAXIS von Valeria Schwarz
„Who cares? – Feminist Art Festival“
https://whocares-berlin.org/de/home/
IG @whocares-berlin
Mit: Coven Berlin, Rebekka E. Böhme, Berit Fischer, Svenja Gräfen, Feministische Gesundheitsrecherchegruppe, Valeria Graziano & Maddalena Fragnito (Pirate Care), Modjgan Hashemian & Kaveh Ghaemi, The Hologram, Justyna Koeke, Rebecca Korang, Kollektiv(e) Selbstausbeutung (HKS Ottersberg), Ileana Pascalau, Kathleen Rappolt, Dirk Sorge, Valeria Schwarz / Arturo Martínez Steele, Janosch Krotz / Olivia Szczypek, Über den Tellerrand, Rolling THF Radio, Steven Solbrig, Rosmarie Weinlich, Mareike Wenzel, Johanna Fröhlich Zapata
In 2020 habe ich das Who Cares? Feminist Art Festival initiiert und bin seitdem als Kuratorin, künstlerische Leitung und Künstlerin bei den beiden vergangenen Editionen tätig. Das 12-tägige Festival widmet sich der Care-Arbeit in seinen verschiedenen Facetten, indem es den Reichtum des Care Paradigmas in seiner widersprüchlichen Ambivalenz erfahrbar macht.
Der englische Begriff „care“ umschließt ein ganzheitliches Verständnis von Care-Arbeit. In der deutschen Übersetzung kann „care“ u.a. sowohl für Pflege, Fürsorge und Sorge-Arbeit stehen. Im Kontext des Festivals soll das Wort “Arbeit” in Care-Arbeit vor allem darauf verweisen, dass das Umeinander-Kümmern als relationale Praxis zu verstehen und dass damit nicht nur Lohnarbeit gemeint ist; ein großer Teil von Care-Arbeit ist Beziehungsarbeit, die oft unsichtbar bleibt.
Unter dem Titel “The Right Distance” lud die zweite Edition Künstler*innen, Aktivist*innen und Kulturschaffende ein, über den Zwischenraum zu reflektieren, der zwischen dem*der Care-Geber*in und dem*der Care-Empfänger*in entsteht.
Im September 2022 verband Who Cares? Feminist Art Festival in den Räumlichkeiten von feldfünf e.V. verschiedene künstlerische Positionen, die sich mit den Beziehungen zur Care-Arbeit aus feministischer, intersektionaler, queerer, aktivistischer, generationenübergreifender, gerechter, anti-ableistischer, ökologischer und utopischer Perspektive beschäftigen.
Ich verstehe das Festival als großes Vermittlungsprojekt für eine nachhaltige Etablierung des Care-Diskurses in der öffentlichen Sphäre, um die Wertschätzung von Care zu stärken. Als kollektiver Lernprozess, soll Who Cares? Feminist Art Festival das Thema Care-Arbeit nicht nur den Menschen näher bringen, sondern es auch erfahrbar machen, um ggf. politische Handlungen bei den Teilnehmenden auszulösen. Dabei wird das Konzept von Rosa/Endres von Lernen als sich etwas anverwandeln, d.h. eine Sache sich so zu Eigen machen, dass diese eine Verwandlung beim Individuum auslöst.
Daraus ergab sich ein umfangreiches Programm, das sich von einer „üblichen“ Ausstellungssituation bis hin zu Performances, Workshops, hypnotischen Touren, Nachtwanderungen, Gespräche, Storytelling und einer Kochveranstaltung erstreckte.
Im Rahmen von Workshops für verschiedene Zielgruppen hatten Besucher*innen die Möglichkeit, gemeinsam über die richtige Distanz zur Care-Arbeit aus verschiedenen Perspektiven nachzudenken und sich in kleineren Runden auszutauschen. Andere Formate wie die Performances ermöglichten einer größeren Anzahl an Teilnehmenden eine ästhetische, partizipatorische Reflexion zum Thema. Es gab u.a. Angebote für Jugendliche und Studierende; Workshops für Männer über toxische Männlichkeit sowie Angebote nur für Frauen; Performances auf Englisch, Deutsch und Farsi; Formate für Menschen mit und auch für diejenige ohne Vorkenntnisse; aktivistische aber auch therapeutische Ansätze. Das Programm war sehr komplex und vielfältig, um möglichst ein breites Publikum zu erreichen.
Als Künstlerin habe ich mit zwei Kunstprojekten am Programm teilgenommen. Variations on that or any person ist eine Performance, die den westlichen Mythos des autarken Menschen widerlegt, indem sie uns daran erinnert, dass alle Lebewesen in einem lebendigen Netz der gegenseitigen Abhängigkeit miteinander verbunden sind. Während sie zu live-Cellomusik mit dem Wischmopp tanzen, wenden sich fünf Performer*innen an die Besucher*innen und laden sie dazu ein, darüber nachzudenken, welche Art von Care-Arbeit sie an diesem Tag erhalten haben.
Visions for caring societies ist eine Reihe von hypnotischen Führungen, die die Besucher*innen dazu einladen, von anderen möglichen, utopischen Gesellschaftsformen zu träumen. Die hypnotische Führung ist ein von mir in 2015 entwickeltes Format, das feministische spekulative Fiktion mit Hypnose verbindet. Um diese Gemeinschaften zu erleben, muss man nur die Augen schließen und sich in einen Trancezustand versetzen lassen.
Das Festival wurde von der spartenoffenen Förderung und die Hauptstadtkulturfonds gefördert. Träger vom Projekt ist iCollective e.V., einer von mir mitgegründeten, kollaborativen Plattform kreativer Menschen, die an der Schnittstelle von Kunst, Interventionen im urbanen Raum und sozial-engagierten Projekten arbeitet.