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Bea Berthold

© Martina Biedermann

Bea Berthold ist Diplom-Grafikerin. Seit dem Abschluss ihres Studiums an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle im Jahr 1997 arbeitet sie freiberuflich als Grafikdesignerin und Ausstellungsgestalterin. In den Jahren 1993 und 1994 hat sie sich während eines Studienaufenthalts in der Volksrepublik China intensiv der chinesischen Kalligrafie gewidmet. Dadurch hat sich ihre Liebe zur Schriftkunst noch vertieft. Sie gibt unter anderem Kurse für Kinder und Jugendliche wie „Die Bücherfresser“ oder „Die Büchermacher“ an der Kinder- und Jugendkunstschule Wartburgkreis e. V., die sie im Jahr 2009 mit initiiert und begründet hat.

Kontakt

bea [dot] berthold [at] gmx [dot] de

www.kunstschule-wak.de

 

 

 

EINBLICKE IN DIE PRAXIS von Bea Berthold

„Farbträume – Farbräume“ – Ein Grundschulprojekt

Kitzelt das Gelb, lacht das Blau und was macht das Rot denn da?

Was ist deine Lieblingsfarbe und welche Eigenschaft passt dazu?

Wir erleben spielerisch die Wirkung der Farben.

Wir experimentieren in der Farbküche – mischen, köcheln, färben, drucken, walzen.

Wir denken groß, schaffen riesige Farbflächen, tauchen in ganze Farbräume ein.

Idee
Zwei Tage setzten wir uns – eine Grundschulklasse und zwei Künstlerinnen – intensiv mit den Grundfarben auseinander, lernten sie genauer kennen, erforschten, wie sie wirken. Wir arbeiteten mit verschiedenen Techniken und verwandelten vierseitige Holzrahmentürme in begehbare Farbtürme, um uns selbst und andere in die Farbwelten von Gelb, Rot und Blau eintauchen zu lassen.

Unser Ziel
war es, mit den Schüler*innen die Farben Gelb, Rot und Blau und ihre Wirkungen zu erforschen und dafür zu sensibilisieren. Es sollte für alle ein ganzheitliches Arbeitserlebnis – mit Kopf, Herz und Hand werden und wir wollten den Kindern ermöglichen, Selbstwirksamkeit zu erleben: das Aussehen und die Wirkung eines jeden Turmes ist das Ergebnis der jeweiligen Gruppe, jeder Einzelne trägt seinen Teil zum großen Ganzen bei. Wir hatten gemeinsam das Ziel festgelegt, die Wege dahin waren verschieden und mußten erst entwickelt werden.

Durchführung
In der Mitte stand ein großer Korb mit Wollknäuel in Gelb-, Rot- und Blautönen. Jeder Teilnehmende wählte eins für sich aus. Darüber sind wir ins Gespräch gekommen – warum die Farbwahl, was sie mit der Farbe verbinden, was noch die Farbe hat. Kann man rot mit seinem Körper darstellen?… unsere erste Ideensammlung. Gleichzeitig hatten sich drei Gruppen: die Gelben, die Roten und die Blauen gebildet.

Alle Teilnehmenden ordneten die Grundform Kreis, Quadrat, Dreieck einer Farbe zu. Nach der Auszählung lagen gelb und Dreieck, rot und Viereck, blau und Kreis fest.

Die jeweiligen Gruppen erarbeiteten in verschiedenen Techniken eine umfangreiche und großformatige Materialsammlung: Stoffe färben, Bahnen bemalen/bearbeiten, Flächen herstellen durch Flechten. Dabei kamen Fragen auf wie „Ist das Türkis noch Blau oder schon Grün?“.

Am 2. Tag entwickelte jede Gruppe das Konzept, wie sie ihren Farbturm mit ihrer Farbe und entsprechend ihrer Form so gestalten können, dass Farbe und Form schon von Weitem erkennbar sind, dass es einlädt, einzutreten und Erfahrungen im Inneren zu machen.  Für die Umsetzung stand die Materialsammlung zur Verfügung. Für Blau z.B. runde Fahrradfelgen, in die blaue Stoffe geflochten waren, wurden weit oben und weit außen angebracht. Ein Kreis war dann auch das Eingangstor; im Inneren ein Wasserfall aus Wolle…

Zum Abschluss erklärten sich die Kinder kurz gegenseitig ihre Ideen und eroberten die jeweils anderen Farbtürme.

Persönlicher Erfolgsmoment im Projekt
Die Kinder hatten schnell Ideen, wie sie schauspielerisch oder pantomimisch eine Farbe darstellen könnten. Sie erinnerten sich an die vorgelesene Geschichte des Vortages, über deren Inhalt wir aber im Nachgang nicht gesprochen hatten. Sie entwickelten selbstständig weitere Darstellungsmöglichkeiten. Es hatte also geklappt, einen Text unkommentiert anzubieten und die Kinder haben später selbstständig darauf zurückgegriffen.

Einbindung meiner künstlerischen Praxis in die Vermittlung
Als Grafikdesignerin bekomme ich einen Auftrag und stehe damit vor einer neuen Aufgabe. Ich muß mich einarbeiten, annähern, Fragen stellen. Ich probiere, versuche, mache Fehler, beginne neu. Suche Partner.

Ich weiß, welches Produkt am Ende rauskommen soll, weiß aber nicht den Weg dahin und wie es aussehen wird. Das entspricht unseren Farbtürmen. Thema und Ziel waren klar, Weg und Aussehen haben die Schüler*innen entstehen lassen. Insofern entspricht diese Arbeitsweise ganz und gar meiner eigenen; fühle ich mich stark, es authentisch vermitteln zu können.

Was ist neu durch das Absolvieren des Zertifikatskurses?
Durch meinen Praxispartner „lesArt“ Berlin habe ich die konsequente schriftlich fixierte, konzeptionelle Arbeit im Vorfeld kennengelernt, die zugleich zur Qualitätssicherung von Praxisprojekten dient. Ich bin beeindruckt davon.

Erstmals habe ich im Vorfeld Konzept und Ablaufplan umfangreich schriftlich fixiert; und im Nachgang korrigierend überarbeitet. Erfahrung: es war nicht viel zu korrigieren, eher Details zu ergänzen, ausführlicher zu erklären, damit nun auch das Konzept übertragbar wird.

Welche Ziele verfolge ich generell mit meinen Projekten?
Themen wie Prozesshaftigkeit, Selbstwirksamkeit, Fehlerfreundlichkeit… sind Grundlagen meiner Arbeitsweise in verschiedenen Kursen der Jugendkunstschule. Zunehmend setze ich sie auch in Schulprojekten um, was nicht immer leicht ist. Durch den Zertifikatskurs bin ich darin bestärkt worden. Jetzt erst recht!

Vision
Schulprojekte im ländlichen Raum sind wichtig, weil wir nur so alle Kinder mit kultureller Bildung erreichen können. Deshalb bieten wir als Jugendkunstschule auch Schulprojekte an. Unsere Erfahrung ist aber, dass wegen Finanzierungsschwierigkeiten und weil längere Projekte größeren Aufwand in der Schulorganisation bedeuten, die Schulprojekte oft nur kurze „Strohfeuer“ und „Eintagsfliegen“ sind. Um aber mit den Schüler*innen in echte Prozesse wie Selbstwirksamkeit zu kommen, braucht es Zeit. Deshalb arbeite ich an der Vision „Kunst:Tage“ für Schulen in unserer Region.

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